Wie das Landeskriminalamt Baden-Württemberg die 3-Seiten CAVE zur Aufklärung von Straftaten verwendet und die Technologie landesweit bei Kriminalfällen zu Verfügung stellt.
Das ist eine unglaubliche Fortentwicklung der forensischen Tatortarbeit. Wir holen den Tatort in unsere Labore und sind dann in der Lage, unter authentischen Tatortbedingungen diesen begeh- und erlebbar zu machen.
Andreas Stenger | Polizeipräsident, Landeskriminalamt Baden-Württemberg
3-Seiten CAVE für das Landeskriminaltechnische Institut BW
Fertigstellung: Februar 2023
Ein Diebstahl, eine Gewalttat, oder gar Mord: Unabhängig davon wirkt nach der Tatortreinigung alles wieder so als sei nichts geschehen. Die Spurensicherung hat bereits alle Indizien aufgenommen und dokumentiert. Indem sie den kompletten Bereich mit 3D-Laserscannern abgetastet und damit dreidimensional erfasst hat. Obwohl der Originaltatort nicht mehr existiert, können die erstellten 3D-Daten in einer 3-Seiten CAVE im Landeskriminalamt Baden-Württemberg eingespielt werden. Sodass es Ermittlern, Zeugen und anderen Involvierten möglich ist, den Tatbestand jederzeit gemeinsam zu sichten. Dadurch kann bis ins kleinste Detail analysiert werden, ob Zeugenaussagen glaubwürdig, oder erste Schlussfolgerungen tatsächlich zutreffend sein könnten.
Während der virtuellen Sichtung in der von IMSYS geplanten und umgesetzten CAVE tragen die Beteiligten leichte Shutterbrillen, sodass die Mimik der Gesichter gut sichtbar bleibt. Das kann während der Ermittlungen und direkt im Gerichtssaal wertvoll sein. Die standortgebundene CAVE lässt sich in eine mobile Powerwall transformieren, sodass während eines Verfahrens direkt im Gerichtssaal neue Erkenntnisse gewonnen werden können. LKA-BW Präsident Andreas Stenger erklärt im Artikel des Presseportals „Eine virtuelle Tatortbegehung beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg: „Das ist eine unglaubliche Fortentwicklung der forensischen Tatortarbeit. Wir holen den Tatort in unsere Labore und sind dann in der Lage, unter authentischen Tatortbedingungen diesen begeh- und erlebbar zu machen.“ Mit der neuen Untersuchungsmethode sind bereits bekannte Fälle wie der Amoklauf in Heidelberg 2022, oder die Reichsbürger-Razia in Boxberg untersucht worden. Bei ca. 24.500 Untersuchungsaufträgen pro Jahr, wird die CAVE voraussichtlich im Akkord verwendet.
Ein Tatort für die Ewigkeit
Kommt es zu einem Verbrechen, können durch die Analyse des Tatorts essenzielle Rückschlüsse auf die Tatbestände gezogen werden. Durch 3D-Laser-Scans wird inzwischen jeder Winkel eines Tatorts gescannt und archiviert. Um ihn später virtuell wieder betreten zu können, hat IMSYS zusammen mit dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg eine 3-Seiten-CAVE entwickelt. Mit der 3-Seiten-CAVE-Technologie kann sich ein ganzes Gutachterteam in die Vergangenheit versetzen und die Tatbestände vor Ort jederzeit untersuchen. Während die Teilnehmer leichte 3D-Shutterbrillen tragen, erfolgt die Kommunikation zwischen den Teilnehmern ganz natürlich, obwohl sie die virtuelle Welt voll umschließt. Die Teilnehmer:innen sehen sich, schreiben handschriftliche oder digitale Notizen und nehmen beliebig viele weitere Personen mit an den Tatort. Über einen Controller kann das Gutachterteam durch die Tatumgebung navigieren. Welcher Eindruck dabei entsteht, beschreibt Jürgen Bock von der Stuttgarter Zeitung folgendermaßen:
Es ist schon fast erschreckend realistisch, was sich da vor den eigenen Augen abspielt. Mit einer kaum spürbaren Brille auf der Nase befindet man sich vor einem Hauseingang. Rechts stehen die Mülltonnen, unter den eigenen Füßen wächst Gras. Direkt vor einem: überall Blut. Und ein lebloser Körper am Boden. Weiter geht man, in die Wohnung hinein. Zimmertüren stehen offen, hinten im Gang eine zweite Leiche. Der Betrachter erschaudert, denn er weiß: Es handelt sich um einen realen Tatort in Baden-Württemberg. Dieses Verbrechen hat wirklich stattgefunden. Und es fühlt sich an, als stünde man mittendrin.
Jürgen Bock | Stuttgarter Zeitung “Der Tatort als virtuelle Welt“ vom 10. Februar 2023
Die Technik, die hinter diesem virtuellen Erlebnis steht, hat IMSYS geplant und umgesetzt.
Drei 4K-UHD Laser-Phosphor-Projektoren projizieren den 3D-Laser-Scan des Tatorts auf zwei Acrylscreens in Rückprojektion und den Boden in Aufprojektion. Um die Distanz der Projektoren so gering wie möglich zu halten, sind hochqualitative Weitwinkelobjektive verbaut. Und für ein optimales Tracking sorgt ein präzises Smarttracksystem.
Es ist jetzt möglich den Tatort virtuell direkt in den Gerichtssaal bringen, um die Beweislage zu analysieren.
Ob Täter:in, Opfer, Zeugen, Ermittler, Sachverständige, Anwälte und Richter zur Aufklärung sind sie entscheidend. Wenn alle im Gerichtssaal zusammen kommen, kann das visuelle und körperliche Zurückversetzen in die Situation bei den Beteiligten bedeutende Erkenntnisse hervorrufen. Ist die Zeugenaussage wahr oder falsch? Wie hoch war die Anzahl der Anwesenden? Wohin ist der Täter / die Täterin geflüchtet? Durch Stress verzerrte Wahrnehmungen der Zeugen und die reale Situation können auf diese Weise direkt bei Gericht abgeglichen werden. Um die 3D-Sichtung im Gerichtssaal kosteneffizient zu ermöglichen, hat IMSYS die 3-Seiten-CAVE modular gedacht. Es ist möglich einen Projektor und Rechner für die Software mit einer Rückprojektionsfolie zu kombinieren und diese Komponenten als Powerwall einzusetzen. Mit der platzsparenden und leicht transportablen Powerwall können im Gerichtssaal, oder auf Veranstaltungen ganze Personengruppen virtuell an den Tatort geholt werden.
Finanzierung: Sondermittel
Finanziert wurde das Projekt des Kriminaltechnischen Instituts innerhalb des LKA aus Sondermitteln, sogenannten „Vermögensabschöpfungen von Straftätern“. Das LKA Baden-Württemberg ist bisher das einzige Institut, welches über die CAVE-Technologie zur Aufklärung verfügt. Polizeidienststellen in ganz Baden-Württemberg dürfen auf die Technik und die Dienstleistungen des dort ansässigen KTI zurückgreifen.
Kunde: Kriminaltechnisches Institut (KTI)
Die Kriminaltechniker des Kriminaltechnischen Instituts geben die objektiven Hinweise bei Kriminalfällen. Um Spuren zu sichern und zu analysieren, arbeiten die Expertinnen und Experten mit hochmodernen wissenschaftlichen Methoden und aktueller Technik. 267 Beschäftigte sind beim KTI beschäftigt. 2021 haben sie 24 555 Untersuchungsaufträge erhalten und knapp 16 000 Gutachten erstellt.
Weitere Veröffentlichungen zur LKA-CAVE
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